Kofferprojekt: Erinnerungen, Geschichten und Identität(en) im Lycée Oberlin in Straßburg
Eine 11. Klasse der Spezialisierung „Empfang und Kontakt zu Kunden und Nutzern“ (Première Métiers de l‘Accueil) des Lycée & UFA Oberlin (Berufliches Gymnasium und Berufliche Schule) in Straßburg arbeitet mit ihrer Lehrerin Fazia Dergam zum Kofferprojekt.
Francine Mayran, Künstlerin und Psychiaterin, steigt ein mit der Frage „Was erkennt man an einem Gepäck?“ Es wird schnell klar, dass viele Schüler:innen dieser heterogenen Klasse „Gepäck“ nicht nur mit teueren Urlaubsreisen in Verbindung bringen, sondern auch die Notwendigkeit manch Reise begreifen und Begriffe wie Vertreibung, Flucht, Abschied und Schmerz mit dem Bild des Gepäcks verbinden.
Francine hat eine alte Tasche mit Gegenständen darin dabei. Jeder Jugendliche darf sich einen der zum Teil antiquarischen und internationalen Gegenstände herausnehmen und eine Geschichte zum Gegenstand erfinden, die dieser Gegenstand erzählen könnte.
Eine Zimtdose erinnert ein Mädchen an die Oma in Sri Lanka, die damit ihren geliebten Kuchen backt. Ein Honigglas erinnert einen Jungen an Medizin, die ein Soldat an der Front nimmt gegen Halsschmerzen, froh darüber, dieses Mittel zur Verfügung zu haben. Kerzen stehen für die Nächte am Lagerfeuer im Heimatland, als die Großeltern Geschichten erzählten. Das Parfümfläschchen weckt die Erinnerung an den Bruder, der nicht zurück kam, …
Es wird schnell deutlich, dass Fiktion und Realität ineinander gehen und doch erzählt jeder, was er erzählen will, was er preisgeben will, was er verkraftet.
Francine stellt daraufhin ihren eigenen Koffer vor. Eine Schülerin fragt, ob ihre Familie denn jüdisch sei. Die Stimmung ändert sich.
Erst durch das Erzählen von Francine bricht das Eis. Den Schüler:innen wird klar, dass Herkunft etwas Individuelles ist und Menschen prägt und dies über die Generationen hinweg.