Zu Besuch in Berlin anlässlich des Vernetzungstreffens der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ), die das Projekt „Brücke für die Zukunft“ fördert, konnten wir das Gelände der ehemaligen Kohlenhandlung von Annedore und Julius Leber in der „Roten Insel“ besichtigen. Dort setzt sich seit 2012 ein Arbeitskreis des Stadtteilvereins Schöneberg e.V. für den Erhalt des Gebäudes der ehemaligen Kohlenhandlung von Annedore und Julius Leber und für die Herrichtung eines Lern – und Gedenkortes ein.
In dem Viertel wird die Erinnerung an Julius und Annedore Leber in vielen Ortsnamen wachgehalten. Wer mit der S-Bahn anreist, steigt an der Station „Julius-Leber-Brücke“ aus. Die anliegende Straße zur ehemaligen Kohlenhandlung heißt „Leberstraße“. Um das Gebäude wurde 2014 ein „Annedore-Leber-Park“ eingerichtet. Auf das noch nicht renovierte kleine Gebäude wird durch ein Wandkunstwerk aufmerksam gemacht. Auf der Mauer steht in bunten Farben „Verschwörerbude“ geschrieben. Mit diesem Wort bezeichnete der erste Präsident der Bundesrepublik Deutschland Theodor Heuss 1949 in einem Brief an die befreundete Annedore Leber die Stimmung der Kohlenhandlung, die er zur Zeit des Widerstands gegen den Nationalsozialismus besuchte.
Egon Zweigart vom Arbeitskreis empfing uns und führte uns auf dem Gelände. Die ehemalige Kohlenhandlung von Julius Leber, wo er ab 1937 nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen arbeitete und wo er sich regelmäßig mit Mitstreiter:innen des Widerstands traf, wurde schon vor dem Attentatsversuch am 20. Juli 1944 zerstört. Heute sind nur noch die historischen Pflaster zu sehen. Nach dem Krieg baute Annedore ein neues Gebäude auf dem Gelände und betrieb die Kohlenhandlung weiter. Sie wurde auch später Sitz ihres Mosaik-Verlags, den sie 1947 gründete. In ihren Publikationen setzte sie sich für die Anerkennung des Widerstands gegen den Nationalsozialismus ein (Das Gewissen steht auf: 64 Lebensbildern aus dem deutschen Widerstand 1933–1945).
Egon Zweigart gab uns Einblicke in das beeindruckende Leben und Wirken von Annedore Leber. Neben ihrer publizistischen Tätigkeit war sie in mehreren politischen Gremien aktiv, unter anderem als Berliner Stadtverordnete und als Bezirksverordnete für Berlin-Zehlendorf. Ihr Engagement für Demokratie, Erinnerung und Bildung zeigte sie auch als Vorstandsmitglied der Gesellschaft für die christlich-jüdische Zusammenarbeit und als Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. Eine bewegende Biografie, die neben Julius Lebers Biografie, unbedingt zu entdecken und für die heutige junge Generation sehr inspirierend ist.
Der Arbeitskreis organisiert regelmäßige Veranstaltungen, pflegt die umfassende Webseite www.gedenkort-leber.de, veröffentlicht Publikationen und konzipiert jedes Jahr eine „Ausstellung am Zaum“. Die diesjährige Ausstellung ist der Zeit der KZ-Haft von Julius Leber in Esterwegen und Sachsenhausen gewidmet. Das renovierte Gebäude soll ein Ort des Gedenkens und des politischen Lernens am Beispiel des zivilen Widerstands von Annedore und Julius Leber werden. Dafür sind ein Ausstellungsbereich mit Medienstationen sowie ein Seminarraum für Veranstaltungen und Schulbesuche gedacht. Der Arbeitskreis plant Bildungsangebote mit Schwerpunkt auf die Geschichte des Ortes, der Personen, auf die Formen des Widerstandes und das Demokratieverständnis heute.
Vielen Dank an Egon Zweigart für seine Zeit und sein Engagement! Wir hoffen, dass Schüler:innen aus Breisach und der Grenzregion anlässlich einer Berlin Reise auch bald den Lern- und Gedenkort besuchen werden.
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